Biografien: Arthur Arntzen
Vom Jugendidol zum norwegischen Allgemeinerbe

Arthur Arntzen

* 1937 in Tromsdalen.

Die nordnorwegische Humoreske ( Erzählung ) neuerer nordnowegischer Literatur ist wohl ein echter Beitrag zur gesamtnorwegischen Gegenwartsliteratur und -kultur. Vor allen Dingen Arthur Arntzen gebührt die Ehre, dass die humorvolle Erzählung in einer reichen, volkstümlichen Sprachweise Allgemeingut geworden ist.

Arthur Arntzens einzigartiger Medienerfolg als Unterhalter im Radio und Fernsehen, im Theater, wie in der Revue, in der Literatur, auf Video und Kassette, begann Ende 1950 im örtlichen Umfeld von Tromsdalen. Als aktives Mitglied im Jugendverein seines Heimatortes mußte er einen Teil der Unterhaltung bei Vereinstreffen übernehmen.

In der Wahl, ein Gedicht von seinem Lieblingsdichter Tor Jonsson zu lesen oder einen selbstgeschriebenen Monolog vorzutragen, wählte er das letztere. Auf diese Weise wurde die Oluf-Gestalt geboren - bei der Geschichte über Olufs Eismeerfischen, die nur dieses eine Mal vorgetragen wurde. Der Monolog kam an, so närrisch wie er war.

Von der Realschule in Tromsdalen ging sein Weg weiter zum Arbeiterverein in Tromsø mit der Komödie "No til dags" mit seiner Schwester Jorun in der Rolle als Emma und Asle Myrvold als Sohn Lars. 24 Mal gab es an den Weihnachts- und Neujahrsfeiertagen 1961 - 1962 ausverkaufte Vorstellungen.

Die nächste Stufe der Erfolgsleiter war der NRK Troms ( Norsk Rikskringskasting = Norwegischer Rundfunk ). Bezirksleiter Håkon Karlsen griff Anfang 1960 - gesehen und für gut befunden - die Oluf-Idee auf.

Vom Stadt-Original entwickelte Arthur Arntzen die Figur Oluf zur Spottdrossel und zum Hofnarr. Oluf brachte mit seiner spitzen Zunge alles auf den Punkt, von tagesaktuellen Kommentaren bis zu lokalen und nationalen Begebenheiten. 1965 wurde er dann, mit gemischten Gefühlen, im Fernsehen bekannt gemacht.

Mit Dialekt und Humor war zu dieser Zeit nicht zu spaßen. Ein Teil der Bevölkerung glaubte, dass Arthur Arentzen die Nordländer nur aufziehen wollte. Aber gegen Ende 1960 folgte der Umbruch. Oluf und Arthur Arntzen wurden nicht nur akzeptiert, sie wurden mit Begeisterung aufgenommen.

Arthur Arntzen wurde trotz seiner einfachen Bildung und Ausbildung schon Ende 1950 als Journalist bei Lokalzeitungen tätig. Allmählich arbeitete er zusammen mit Kjell Fjørtoft, einem anderen bekannten nordnorwegischen Autor, als Korrespondent für "Dagblad" in Nordnorwegen.

Die literarische Entwicklung des Oluf-Projekts von Radio und Fernsehen zum Buch begann im Jahr 1967. In einem lokalen Verlag kam das erste Buch "Han Oluf" heraus, illustriert von Dagfinn Bakkes. Die erste Auflage mit 1000 Exemplaren war zur Überraschung des Autors und seines Verlages schnell vergriffen. Inzwischen erschien dieses Buch in der 21. Auflage mit insgesamt über 80.000 Exemplaren. 1968 kam die Folge "Ho Emma" heraus.

Tromsø Buchhandel, der die ersten Bände über Oluf Rallkattli herausbrachte, schaffte es nicht, den rasenden Erfolg von Arthur Arntzen zu bewältigen. Norsk Samlaget begann mit einer Zusammenarbeit von Arthur Arntzen und Dagfinn Bakke.Büste Arthur Arntzens in Tromsø

Wir alle kennen, was seitdem geschah. Die Oluf-Serie wuchs in der Zeit von 1987-88 auf acht Bücher mit dem Verkauf von 700.000 Exemplaren.

Neben seinen Bücherserien schrieb Arthur Arntzen 1989 eine Theaterfassung mit dem Titel "Oluf" für das Hålogaland-Theater. Sie wurde ein einmaliger Erfolg. Daraufhin folgte eine Fernsehfassung nach dem Vorbild des Hålogaland-Theaters. Die Oluf-Gestalt war norwegisches Allgemeingut geworden, und Arthur Arntzen Norwegens angesehenster, populärster Unterhalter. Zur Enttäuschung vieler wurde Oluf im Laufe des Jahres 1995 vom Autor ins Grab gelegt.

Nach der Bücherserie über Oluf Rallkattli arbeitete Arthur Arntzen systematisch an dem Thema "Nordländer und nordnorwegisches Gemüt". Den Büchern "Æ lyg ikkje" ( 1986 ) und "Æ gjer mæ ikkje" ( 1994 ) geschrieben in nordnorwegischem Dialekt, fehlt es nicht an deftigen Flüchen und Humor. Wieder zeigte der Autor sein Talent zur humoristischen Erzählung.

Als Hintergrund zu den vier Humoresken über das nordnorwegische Gemüt schrieb Arthur Arntzen 1996 für das Hålogaland-Theater die Theaterfassung "Den fordømte nordlendingen". Überall in Nordnorwegen waren die Vorstellungen ausverkauft, und im Herbst 1996 kam "Den fordømte nordlendingen" ans Theater in Oslo.

Arthur Arntzen hat neben seiner Begabung für humoristische Erzählungen, Theater und Fernsehen, auch eine ernste literarische Seite. In Zusammenarbeit mit einem der bekanntesten Autoren Nordnorwegens, seinem Freund Arvid Hanssen, gab er 1990 ein Buch der Erinnerung heraus: "Småkarer under frostmånen". Beide Autoren schrieben jeweils ein über das andere Kapitel vom Aufwachsen in Armut und engen Verhältnissen. Von einem Leben, das mehr und anders war, als Scherz und Humor.

Auf denselben persönlichen Ton treffen wir im Buch "Langsomt kom lyset" ( 1994 ). Arthur Arntzen schrieb es in Zusammenarbeit mit dem berühmten nordnorwegischen Maler Kaare Espolin Johnson.

Arthur Arntzens Literatur baut auf die reiche, mündliche Erzähltradition Nordnorwegens. Es liegt daher nahe, auf den Klassiker "Vett og uvett" zu verweisen ( 1942 ), sowie von John Giæver und Asbjørn Dybwad zu erzählen.

Dass es ihm geglückt ist, derartige mündliche Erzählungen schriftlich wiederzugeben, ist den Schriftnormen zu verdanken, die er nach und nach entwickelt hat. Selbst spricht Arthur Arntzen die vom Dialekt geprägte Sprachvariante "alltroms-mål". Hier sind die meisten Mundartvarianten von Troms bewahrt worden.

Arthur Arntzens Oluf-Gestalt, seine Bücher und Theaterfassungen haben dem nordnorwegischen Dialekt zweifellos in Nordnorwegen und dem übrigen Land einen Status und Anerkennung verliehen. Sein Dialekt in Sprache und Schrift zu gebrauchen, ist ganz natürlich und akzeptiert worden. Dass seine Literatur unbeabsichtigte Erfolge erreicht hat, sollten wir dennoch nicht übersehen. Seine Autorentätigkeit und die Medienwirksamkeit haben viel dazu beigetragen, die Mythen der Nordländer zu festigen; eine spitze Zunge, redegewandt und lebhafter in der Wortwahl als anderswo in Norwegen.

Mythen der Nordländer

Die Mythen der Nordländer haben eine lange Tradition. Sie sind des Nordens Italiener. Sie sind anders. Sie sind unmoralisch. Sie fluchen und schwören. Die Liste über Mythen der Nordländer ist lang. Nicht zu knapp haben Literatur und alte schriftliche Dokumente dafür gesorgt. Wenn mangelnde Schulbildung, geringe Ausbildung und wenig Kultur in Schauspiel und Literatur dargestellt würde, ja dann wäre der Nordländer forsch dabei.

Viel Positives ist geschehen. Lange hat sich zu Beginn der 70er Jahre eine Welle nordnorwegischer Proteste gegen diese Mythologie aufgelehnt, welche die Nordländer aber populär gemacht hat. Auch dieses hat seinen Preis. Olufs lustige Flüche wurden ein idealer Aufhänger in der Reklamebranche. Frag die Leute im Land, was sie mit Nordnorwegen und den Nordländern verbinden. Du ahnst die Antwort. So kann Philosophie, Rallkattli und Standfestigkeit neue Mythen schaffen.

Die nordnorwegische humoreske Tradition

Die nordnorwegische humoreske Tradition ist vielleicht der literarisch originellste Beitrag zur norwegischen Gesamtliteratur gewesen. Die Wurzeln gehen bis Knut Hamsums Nordlandsromane, Sigurd Sivertsens Erzählungen und Hans Linds Lieder zurück. Aber nicht minder zu Einer K. Aas und Petter Wessel "Zapffes Vett og uvet" ( 1942 ), Johns Giævers Erzählungen und Asbjørn Dybwads Bücher und Vorlesungen. Neueren Datums haben wir Kjell Sandviks humoristische Erzählungen, Arvid Hanssens Lieder und Erzählungen, Einar Fyhns Kurzgeschichten und Helge Stangnes mit seinen Liedern, um nur einige zu nennen.

Woraus besteht dieser Humor? Stichwort ist die Übertreibung in Sprache und Inhalt; das Unglaubliche, völlig Verrückte, die spontane Erwiderung. Wo die Lyrik mit Sprachbildern gewürzt ist und die Phantasie keine Grenzen kennt, wo Eigennamen reicher sind als die Namensflora der Sagen. Genauso ist der nordnorwegische Humor, so werden viele behaupten. Aber ist das nicht ein konstruiertes Phänomen, geschaffen von der Freude des Schreibers und begabten Erzählern? Oder ist es wirklich so, dass diese Autoren mit Arthur Arntzen an der Spitze aus einer Folkstradition schöpfen? Wir fragen nur.

 

Weiterführende Links zu Arthur Arntzen:

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